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                                | Der „Mythos Alpenfestung“ wurde in den letzten Kriegstagen
                                  geboren und entsprang der Strategie, dass sich
                                  bewaffnete Einheiten in befestigte Anlagen in den
                                  Bergen Österreichs, Italiens und Bayerns zurückziehen sollten. Heinrich Himmler, Joseph Goebbels und Ernst
                                  Kaltenbrunner wollten den Eindruck militärischer Uneinnehmbarkeit
                                  erzeugen, um zumindest über einen Teilsieg verhandeln zu können – für den Fall, dass sich Amerikaner
                                  und Sowjets auf deutschem Boden bekämpfen
                                  würden.
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                          | Als Hitler am 24. April 1945 den Rückzug in die „Alpenfestung“
                            anordnete, war dies mehr Propagandagetöse als echte Strategie.
                            Er selbst hatte nie vor, in die „Alpenfestung“ zu gehen, und
                            zog den „Heldentod“ in Berlin vor. Sein persönlicher Rückzugsbereich,
                            der Berghof auf dem Obersalzberg („zweite Reichskanzlei“),
                            bestand seit der Bombardierung am 25. April 1945 ohnehin nur
                            noch aus Ruinen. 
 Das Konzept „Alpenfestung“ stand auf mehreren Beinen,
                            zum einen bestand es aus SS-Einheiten, aus der unterirdischen
                            Waffenproduktion in Ebensee, bei Zipf und in Gusen, der Falschgeldproduktion
                            und aus prominenten Geiseln – „Sonderhäftlingen“
                            aus dem Konzentrationslager Dachau als „Schutzschilde“, darunter
                            Bundeskanzler Kurt Schuschnigg und Mitglieder der Familien Stauffenberg
                            (die 1944 in Sippenhaft genommen worden waren) und
                            Thyssen. In Strobl befand sich der belgische König Leopold III. (seit
                            1940 in „Hausarrest“) in „Ehrenhaft“, bis er von den Amerikanern
                            befreit wurde. Das Konzept ging auf den aus Salzburg stammenden
                            Tiroler Gauleiter Franz Hofer zurück, der es Hitler schriftlich unterbreitete
                            und am 12. April im Führerhauptquartier in Berlin persönlich
                            vortrug.
 
 In Salzburg erschossen zurückweichende SS-Einheiten jeden,
                            der die Truppe verlassen hatte, sogar jene mit Entlassungsschein.
                            Das Land füllte sich mit Nazis hoher und niederer Ränge. Himmler,
                            Goebbels und Kaltenbrunner wollten mit den Alliierten pokern,
                            beschuldigten sich aber gegenseitig des Verrats. Goebbels war am
                            Grundlsee, fuhr dann mit seiner Familie aber in den Führerbunker
                            in Berlin. Göring wollte mit Eisenhower verhandeln und wurde bei
                            Altenmarkt verhaftet. Himmlers Sonderzug, von dem aus er hinter
                            der Front die Vernichtung von Millionen Osteuropäern koordiniert
                            hatte, fuhr hektisch im Land Salzburg umher. Himmler versuchte,
                            aus Nazi-Agentenlisten im Ausland eine Lebensversicherung zu
                            basteln. Kaltenbrunner scheiterte mit dem Versuch, eine österreichische
                            Exilregierung in der Schweiz zu etablieren. Als sein Mittelsmann
                            aus der Schweiz nach Salzburg zurückkehrte, wurde er fast wegen
                            Kollaboration getötet. In der vor Bombardierungen sicheren Rot-Kreuz-Stadt Bad Gastein quartierte sich das diplomatische Korps
                            aus Berlin ein. Der Widerstand hatte den Amerikanern aber bereits
                            mitgeteilt, dass es mit den Wehrbauten der „Alpenfestung“ und der
                            militärischen Stärke der Deutschen nicht mehr weit her war. Major
                            Herbert Hodurek erhielt am 20. April noch den Befehl, den Pongau
                            südlich vom Pass Lueg zu verteidigen und die Brücke zu sprengen.
 
 „Stürmer“-Hetzer Julius Streicher, „Deutsche Arbeitsfront“-Leiter Robert Ley, Reichsinnenminister Wilhelm Frick, SS-Offizier
                            und Mussolini-Befreier Otto Skorzeny, in den letzten Tagen noch
                            Führer der „Werwölfe“, irrten umher. Generäle und Funktionäre
                            sammelten sich im Bereich der Saalfeldener Kalbrunnalmen. Die SS
                            aus Berchtesgaden sammelte sich in Goldegg, jagte Deserteure in
                            den Wäldern und machte kurzen Prozess.
 
 Am 3. Mai sollte die Luftwaffendivision „Nordalpen“ von Zell am
                            See aus die „Alpenfestung“ verteidigen. Teile einer französischen
                            Panzerdivision rückten von Bayern kommend nach Berchtesgaden,
                            dann nach Hallein vor. Bis 7. Mai stießen über das Saalachtal
                            Verbände der US-Armee bis Saalfelden vor, wo Generalfeldmarschall
                            Kesselring festgenommen wurde. Zu größeren Kampfhandlungen
                            kam es nicht mehr. Nach Lend hatte sich die einzige Hubschrauberstaffel
                            der Wehrmacht mit 44 Helikoptern in Sicherheit bringen
                            können. Der erste Helikopter mit Strahltriebwerk, der in den letzten
                            Kriegstagen in Zell am See konstruiert worden war, wurde von
                            den interessierten Amerikanern beschlagnahmt und in die USA
                            gebracht.
 
 Erst am 7. Mai wurde die Kapitulation bekanntgegeben. Ranghohe
                            Nazis und SSler, die eben noch Kameraden und Zivile eingeschüchtert
                            hatten, versuchten in Zivilkleidern in die Flüchtlingsströme einzutauchen
                            und mit falscher Identität ihre Haut zu retten. Mancherorts,
                            etwa in Oberndorf und St. Georgen, wurden SS-Männer aus Rache
                            getötet, andere hohe Funktionäre zogen die Selbsttötung vor. Am 8.
                            Mai schwiegen in ganz Europa die Waffen. (cs)
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                        | Roland Kaltenegger: „Operation Alpenfestung“, das letzte Geheimnis
                          des Dritten Reiches. München 2005. |  |  |  
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