6. EHRENGRAB OTTO PFLANZL:
ROMANTISCHES LOBLIED AUF HITLER
Die Ehrengruft des Schriftstellers und „Mundart“-Dichters Otto Pflanzl, der Hitler pries und 1943 starb, reiht sich in die Arkaden des Friedhofes St. Peter. Dort wurde neben anderen Prominenten und Bürgern auch Hitlers Lieblingsbildhauer Josef Thorak bestattet.
Knapp einen Monat nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlers Reich erfüllte sich ein Traum des Salzburger „Volksdichters“ Otto Pflanzl. Er durfte Hitler persönlich mit einem Gedicht erfreuen. Es war am 6. April 1938, als der „Poet“ im Rittersaal der Salzburger Residenz zum Empfang Hitlers ein Gedicht aus eigener Werkstatt vortrug:

„All dö Stände und Vareine / Von gaunz Salzburg,
Stadt und Land / Griaßn unsern liab’n Führer / Hiazt durch mit
Herz und Hand … Mir ham nur den oanzig’n Glaub’n g’habt / Daß
da Führer für uns wacht / Der an Weg für uns macht gangbar / Zu
an Morgen aus da Nacht …“

Anlässlich des Empfangs in Salzburg, bei dem Pflanzl vortrugt, attackierte Hitler das frühere Österreich: „In wenigen Monaten schon wird durch dieses Land der Rhythmus des neuen Schaffens gehen, und in wenigen Jahren wird der Gedanke an Sozialdemokratie und Kommunismus wie ein böses Phantom aus der Vergangenheit klingen, und man wird nur noch darüber lachen.“

Während Deutschland ab 1945 einige Rechnungen für Rassenwahn und Völkermord beglich, machten es sich Hunderttausende Österreicher als Miterfinder, Täter und Mitläufer mit ideologischer Biegsamkeit wieder bequem in ihrem kleinen Land. Dieses präsentierte sich international als Opfer Hitlers. Otto Pflanzl hat den Untergang des von ihm gepriesenen Idols nicht mehr erlebt. Der literarische Patron des „Volkstümlichen“ war am 22. September 1943 im Alter von 78 Jahren in Salzburg gestorben. Lange Jahre war der gebürtige Linzer für eine Salzburger Brauerei als Wirtshaus- und Heimatdichter tätig gewesen, der bei öffentlichen Auftritten weit in Stadt und Land Salzburg sowie anderen Regionen herumkam.

Pflanzl wurde noch Jahrzehnte nach dem Krieg der Salzburger Schuljugend von traditionalistischen Lehrern als Vorbild präsentiert – unter anderem dem Autor dieser Zeilen um das Jahr 1970 im Gasteiner Tal. Seine entpolitisierten Gedichte tragen Heimattümler bis heute öffentlich vor, man verkauft seine Literatur weiter als „echtes Brauchtum“.

Pflanzl sicherte sich mit seiner „Salzburger Mundart“ bis in die Gegenwart die Lufthoheit über vielen Stammtischen, bei Trachtenvereinen und Leuten, die mit literarischer oder künstlerischer Moderne wenig oder nichts zu tun haben wollen. (gl)

Literaturtipp:
Rudolf Ardelt: Nationalsozialismus und Krieg. Ein Lesebuch zur Geschichte Salzburgs. Salzburg 1993.

Ernst Hanisch: Gau der guten Nerven. Die nationalsozialistische Herrschaft in Salzburg 1938–1945, Salzburg, München 1997.

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