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Schloss Kleßheim bei Salzburg funktionierte das Regime
in ein „Gästehaus des Führers“ für Staatsbesuche um.
Der barocke Bau des Fischer von Erlach aus dem Jahr
1700 wurde vom Architektenbüro Reitter und Strohmayr
ab 1940 modifiziert: Ein Hauptportal mit Reichsadlern,
ein Bahnhof und eine Zufahrt zur neuen „Reichsautobahn“
beim Walserberg entstanden. Viele Spuren der
stilistischen Verwüstung trägt die Anlage bis heute. |
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1942 wurde der „kriegswichtige“ Umbau fertiggestellt. Salzburg
war nun, wie es hieß, „Empfangssalon des Reiches“ und
sollte „abendländisch-europäisch“ erscheinen. Bis 1944 wurde auf
Schloss Kleßheim große Reichspolitik gemacht, schreibt der Historiker
Ernst Hanisch. Hitler hatte von seiner Machtzentrale auf dem
Obersalzberg bei Berchtesgaden nicht weit. In Kleßheim feilte er
mit anderen Staatschefs an der Idee eines „antibolschewistischen“
Europa. Italiens Diktator Benito Mussolini, Ion Antonescu aus
Rumänien, dem Ungarn Miklos Horthy, dem slowakischen Staatspräsidenten
Jozef Tiso und dem Ustascha-Faschisten Ante Pavelic
aus Kroatien machte Hitler seine Aufwartung. Er legte gefälschte
Karten über den Kriegsverlauf vor, um die Überlegenheit der Wehrmacht
zu untermauern und die Verbündeten bei der Stange zu
halten. Horthy äußerte Bedenken gegen die deutsche Politik, verteidigte
das Judentum und erntete brutale Drohungen Hitlers.
Als Horthy im März 1944 neuerlich in Kleßheim weilte, ließ
Hitler Salzburg vernebeln, um den ungarischen Staatschef an
der Heimreise zu hindern und die deutsche Invasion in Ungarn
zu beginnen. Dieser Schachzug kostete Hunderttausenden ungarischen
Juden das Leben, die nun ebenfalls in Vernichtungslager
verfrachtet wurden. 1944 verkündeten in Kleßheim alle Generalfeldmarschälle
ihre absolute Treue zu Hitler. Ein für 7. Juli 1944
beim Schloss geplantes Attentat durch General Hellmuth Stieff,
einem Gefährten Stauffenbergs, kam nicht zustande. Stieff wurde
zum Tod durch den Strang verurteilt, jedoch am 8. August 1944 in
Berlin-Plötzensee bestialisch ermordet. Aus Polen hatte er schon
1939 seiner Frau berichtet: „Diese Ausrottung ganzer Geschlechter
mit Frauen und Kindern ist nur von einem Untermenschentum
möglich, das den Namen Deutsch nicht mehr verdient. Ich schäme
mich, ein Deutscher zu sein.“
Im Juli 1944 gab es in Kleßheim einen Staatsakt für Gebirgsjäger-
General Eduard Dietl, einen frühen Gefährten Hitlers und
Mitbegründer der SA, der tödlich verunglückt war. Hitler lobte
Dietl – dem von Historikern zwei Kriegsverbrechen persönlich zugeschrieben
werden – in Kleßheim als „ersten nationalsozialistischen
Offizier der deutschen Wehrmacht“. Das hinderte die Bundesrepublik
Deutschland nicht, im Allgäu bis 1995 eine „Generaloberst
Dietl-Kaserne“ zu betreiben. Nach heftiger öffentlicher Kritik,
ausgelöst durch den Publizisten Jakob Knab, wurde sie erst vor
wenigen Jahren in „Allgäu-Kaserne“ umbenannt.
1945 feierten die Alliierten auf Schloss Kleßheim ihren Sieg. Der
Bau wurde neben dem Hotel Bristol und dem „Camp Roeder“,
der späteren Schwarzenberg-Kaserne, zum Sitz der amerikanischen
Militärverwaltung. 1965 diente Kleßheim als Kulisse für den
Film „The Great Race“ mit Jack Lemmon, Tony Curtis und Peter
Falk. Das Land Salzburg nutzte das Schloss lange Zeit als Wohnung
für Staatsbesucher. Heute gibt es beim Schloss eine internationale
Tourismusschule. Seit 1993 beherbergt Kleßheim das vom Mönchsberg
abgesiedelte Spielcasino. (gl) |
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Ernst Hanisch, Lustschloss Kleßheim, in: Helga Embacher, Ernst Fürlinger,
Josef B. Mautner (Hg.): Salzburg Blicke, Salzburg, Wien 1999,
S. 131–134.
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