27. SCHLOSS FUSCHL

WO RIBEENTROP SICH VON SEINEN VERBRECHEN ERHOLTE
Das Schloss liegt idyllisch am Fuschlsee und ist beliebtes Luxushotel für Festspielgäste und andere Prominenz. Bis 1938 gehörte es Baron Gustav von Remiz, einem Monarchisten. Nach dem Anschluss verhaftete die Gestapo Remiz, deportierte ihn ins KZ Dachau und beschlagnahmte die Liegenschaft. Schloss Fuschl war bis 1945 Sommerresidenz des NS-Außenministers Joachim von Ribbentrop. In den 1950er-Jahren diente es als Kulisse für die „Sissi“-Filme.
1929 kauften Gustav Remiz und seine Frau Hedwig das aus dem 15. Jahrhundert stammende Jagdschloss. Remiz unterstützte als Monarchist den Austrofaschismus, was ihn nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland zur Zielscheibe der Nationalsozialisten machte. Im Juni 1938 verhaftete die Gestapo Remiz, er kam ins KZ Dachau, wo er ein Jahr später als sogenannter „Schutzhäftling“ starb. Seine Frau Hedwig versuchte sich gegen die Enteignung des Schlosses zu wehren, schließlich war sie die Enkelin des Industriellen August Thyssen. Doch Gauleiter Friedrich Rainer betrieb die Enteignung mit allen Mitteln. Er schlug Hedwig Remiz zunächst vor, das Schloss „freiwillig“ zu verkaufen. Als sie ablehnte, erstellte die Salzburger Gestapo einen Bescheid, dass Remiz ein „Staats- und Volksfeind“ und damit eine Enteignung des Schlosses rechtens wäre.

Im Sommer 1939 suchte Martin Bormann für Ribbentrop einen Sommersitz in der Nähe des Obersalzbergs, wo Hitler residierte. Schloss Fuschl schien ideal gelegen und auch repräsentativ genug für einen Außenminister des Dritten Reichs. Das Reichsaußenministerium zahlte dem Land Salzburg dafür eine Entschädigung, im Dezember 1939 unterschrieben Ribbentrop und Rainer die Verträge. Die eigens gegründete Stiftung „Haus Fuschl“ stellte das Schloss und die angrenzenden Liegenschaften den NS-Granden für Repräsentation und Erholung zur Verfügung. Die Stiftung errichtete ein Bootshaus und einen zwei Kilometer langen Promenadenweg am See sowie ein Wachhaus für die SS. Das Schloss wurde ausgebaut und aufgestockt. Das Außenministerium wollte, um mit Staatsgästen ungestört flanieren zu können, eine Sperrzone rund um das Schloss schaffen. Doch die umliegenden Bauern wehrten sich. Staatssekretär Martin Luther, Mitarbeiter von Ribbentrop, beschimpfte die Landwirte als „schwarze Brüder“, die von den „Pfaffen“ aufgewiegelt worden wären.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs musste sich Ribbentrop als einer von 24 Hauptkriegsverbrechern wegen Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Nürnberger Gericht verantworten und wurde im Oktober 1946 hingerichtet. Er zeigte bis zuletzt keine Reue. Die US Army stellte die Stiftung „Haus Fuschl“ unter öffentliche Verwaltung und nutzte das Schloss und die Nebengebäude als Erholungsheim für US-Offiziere. Hedwig Remiz, die den Tod ihres Mannes und die Verfolgung nicht verkraftet hatte, galt mittlerweile als „geisteskrank“. Die Rückstellung von Schloss Fuschl an die Familie Remiz zog sich bis in die 1950er-Jahre, unterschiedliche Interessen waren im Spiel. Die weiter bestehende Stiftung „Haus Fuschl“ argumentierte, Hedwig Remiz hätte die Investitionskosten zu begleichen, bevor es zu einer Restitution kommen könne. Die Witwe reagierte verbittert: „Es wird niemand verwundert sein, dass mich das Begehren sonderlich berührt, das Wachhaus jener SS bezahlen zu sollen, deren Auftreten in Österreich ich die Verschleppung und Liquidierung meines Gatten in Dachau zu verdanken habe.“ Es kam zu einem Vergleich.

Unterdessen diente Schloss Fuschl als Kulisse für die von 1955 bis 1957 entstandenen „Sissi“-Filme. Der Versuch einer aus dem politischen Zusammenhang gerissenen Idyllisierung gelang. 1959 kaufte der Bad Reichenhaller „Salzbaron“ Carl Adolf Vogel das Schloss und konnte mit prominenten Gästen punkten: Der sowjetische Staatschef Chruschtschow, Ägyptens Präsident Sadat und US-Präsident Ford wohnten hier. Nach mehreren Eigentümerwechseln werben nun die „Schloss Fuschl Betriebe GmbH“ mit der idyllischen Lage am See, den „Sissi“-Filmen und den Adeligen, Erzbischöfen, Kaiserinnen und Filmstars, die hier seit dem 15. Jahrhundert residierten. (sr)

LITERATURTIPPS:

Jutta Hangler: Schloss Fuschl. Beutegut des NS-Außenministers, in: Robert Kriechbaumer (Hg.): Der Geschmack der Vergänglichkeit. Jüdische Sommerfrische in Salzburg. Wien, Köln, Weimar 2002, S. 259–280.


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