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„Aber es sind auch Autobahnen damals gebaut worden.
Und wir fahren heute darauf“ – dieses Zitat aus dem
Munde der ehemaligen Tagesschau-Sprecherin Eva
Herman sorgte 2007 für ihren Hinauswurf aus einer
TV-Sendung und zeigt, dass sich die Legende von der
Erfindung der Autobahn als Propagandalüge der Nazis
bisher am hartnäckigsten gehalten hat. Am 7. April
1938, einen Tag nach seinem umjubelten Einmarsch in
Salzburg, rammte Adolf Hitler den ersten Spaten in das
Gelände auf dem Walserberg. |
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„Wir gehen nicht mehr stempeln, wir bauen Straßen“, rief
Straßenbau-Generalinspektor Fritz Todt 1933 jenen 700
Arbeitslosen zu, die direkt vom Arbeitsamt mit geschulterten
Spaten zur Baustelle in Frankfurt geführt wurden. Von Beginn an
war dies Teil einer gigantischen Inszenierung, Hitler meldete sich
von dort über Radio und kündigte das „Zeitalter der Autobahnen“
an. Die Propaganda verschweigt, dass damit nicht für Millionen,
sondern nur für wenige Zehntausend Arbeit geschaffen wurde. Sie
verschweigt, dass die Autobahn nicht von Hitler, sondern 1932 von
Konrad Adenauer erfunden wurde. Die „Nur-Autostraßen“ waren
von Todt auch nicht als Verkehrsweg für die Massen-Motorisierung
gedacht (von den 300.000 bestellten und angesparten „Volkswagen“
wurde kein einziger ausgeliefert), sondern als Lebensadern
des Militärs, um über Nacht Tausende Soldaten an die Front verlegen
zu können. Auch dafür wären sie nicht geeignet gewesen, denn
die Reichsbahn war wesentlich ökonomischer. Unbeirrt trommelte
Goebbels aber vom „Hitler-Programm“, das die Massenarbeitslosigkeit
beseitigt hätte. Tatsächlich hausten die maximal 125.000
Arbeiter (bei fünf Millionen Arbeitslosen) bei Hungerlöhnen in
schäbigen Baracken und wurden bei Kritik an dieser „Fremdenlegion“
sofort ins KZ verbracht.
Im März 1934 eröffnete Hitler die „Zweite Arbeitsschlacht“ der
Strecke Salzburg–München, die Ende 1935 vollendet war. 1938
wurde mit Hitlers Spatenstich am Walserberg in einer „Weihestunde“
der Anschluss Österreichs an die deutsche Reichsautobahn vollzogen.
„Wo die deutsche Sprache beginne, müsste auch die beste
Straße der Welt beginnen“, sagte Todt. Am Ort des Spatenstichs
wollte NS-Bildhauer Josef Thorak ein monumentales „Denkmal
der Arbeit“ errichten – vier zwölf Meter hohe Muskelprotze sollten
einen Felsblock einen Abhang hinaufwälzen. Das Vorhaben wurde
nie realisiert.
Die aufwändige Strecke zwischen Siegsdorf und Bad Reichenhall
wurde nur mehr als „Sparquerschnitt“ mit 17 Meter ausgeführt,
was man der Straße heute noch ansieht, die letzten Meter zur Salzburger
Grenze überhaupt erst im September 1941 vollendet. An
der Strecke Wien–Salzburg wurde ab 1938 zwischen Attersee und
Melk mit 4000 Mann gebaut. 1939, kurz vor Kriegsbeginn, wurden
Arbeiter und Maschinen abgezogen, 1941 wurden die Arbeiten
eingestellt. Am 13. September gab man die Strecke vom Walserberg
bis Salzburg / Mitte bei Liefering und vom Walser Dreieck bis
Salzburg / Süd frei. Der Bau der Tauernautobahn Richtung Süden
blieb in Vorbereitungsarbeiten stecken.
3827 Kilometer waren in Deutschland gebaut worden, das sind
etwa ein Drittel der heutigen Verbindungen. In Österreich waren
lediglich 16,8 Kilometer vollendet. 1943 gab Hitler die unbenutzten
Rollbahnen für Radfahrer frei. Man hatte die Unwirtschaftlichkeit
des Projekts zu spät erkannt, Militärs beanstandeten die gute
Erkennbarkeit aus der Luft für feindliche Bomber, und überhaupt
galt das Projekt als teures „Luxusgut“ für die wenigen motorisierten
Reichen. Die 1939 gebaute und infolge Hochwassers 1959
eingestürzte Salzachbrücke der Strecke „Salzburg–Wien–Graz“
schmückt auch heute noch gut sichtbar ein Reichsadler, lediglich
das Hakenkreuz im Eichenkranz wurde herausgestemmt. (cs) |
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Erhard Schütz, Eckhard Gruber: Mythos Reichsautobahn. Bau und
Inszenierung der „Straße des Führers“. Berlin 1996.
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