 |
 |
|
|
Bad Ischl wirbt als Kurort und Sommerfrische offensiv
mit dem Komponisten Franz Lehar, es gibt ein Lehar-
Museum und ein Lehar-Theater, doch eine Erinnerungsstätte
für Lehars Librettisten existiert nicht: Der
Schriftsteller Fritz Löhner-Beda war bis in die 1930er-Jahre ein Star des Genres. Er schrieb für Lehar das
Libretto zur berühmten Operette „Land des Lächelns“.
Löhner-Beda verbrachte seine Sommerfrische in der
Schratt-Villa in Bad Ischl. 1938 wurde er verhaftet,
deportiert und 1942 in Auschwitz ermordet. |
|
Fritz Löhner-Beda wurde 1883 in Böhmen als Friedrich Löwy
geboren und wuchs in Wien auf. Er verfasste in den 1920erund
1930er-Jahren viele populäre Schlagertexte („Dein ist mein
ganzes Herz“, „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“,
„Ausgerechnet Bananen“) und schuf für Franz Lehar zahlreiche
Libretti, unter anderem für die Operette „Land des Lächelns“.
1932 kaufte er für seine Frau Helene in Bad Ischl die Schratt-Villa
(Villa Felicitas), benannt nach Katharina Schratt, der Geliebten von
Kaiser Franz Joseph. Löhner-Bedas Familie verbrachte jedes Jahr
mehrere Monate in Ischl, einer der beliebtesten Sommerfrischen
der Zwischenkriegszeit, wo sich die kulturelle Elite Österreichs und
Deutschlands erholte.
Kurz nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich im
März 1938 verhaftete die Gestapo den Künstler. Löhner-Beda
wurde mit dem ersten „Prominententransport“ am 1. April 1938
ins KZ Dachau deportiert, die Villa Felicitas „arisiert“. In Ischl waren
auch Dutzende andere Juden von Vertreibung und „Arisierung“
betroffen. Im September kam Löhner-Beda ins KZ Buchenwald, wo
er mit dem aus Wien stammenden, ebenfalls inhaftierten Komponisten
Hermann Leopoldi das „Buchenwaldlied“ verfasste:
„O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen,
weil du mein Schicksal bist.
Wer dich verließ, der kann es erst ermessen,
wie wundervoll die Freiheit ist!
O Buchenwald, wir jammern nicht und klagen,
und was auch unser Schicksal sei,
wir wollen trotzdem Ja zum Leben sagen,
denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei!“
Löhner-Beda hoffte, Lehar würde bei Hitler für ihn intervenieren,
schließlich liebte der „Führer“ Lehars Werke und kannte den
Komponisten persönlich. Nichts geschah. Am 17. Oktober 1942
wurde Löhner-Beda ins KZ Auschwitz überstellt und musste dort
Zwangsarbeit verrichten. In Auschwitz verschlechterte sich Löhner-Bedas Zustand zusehends. Nach einer Inspektion durch SS-Männer
und Direktoren der „IG Farben“, deren Betriebe die Arbeitskraft
der Häftlinge ausbeuteten, erschlugen NS-Schergen den ehemals
gefeierten Librettisten und Schlagertexter. Ein Zeuge erinnerte
sich an die Ermordung am 4. Dezember 1942: „Einer der Direktoren
wies auf Dr. Löhner-Beda und sagte zu seinem SS-Begleiter:
‚Diese Judensau könnte auch rascher arbeiten.‘ Darauf bemerkte
ein anderer I.G.-Direktor: ‚Wenn die nicht mehr arbeiten können,
sollen sie in der Gaskammer verrecken.‘ Nachdem die Inspektion
vorbei war, wurde Dr. Löhner-Beda aus dem Arbeitskommando
geholt, so geschlagen und mit Füßen getreten, dass er als Sterbender
zu seinem Lagerfreund zurückkam und sein Leben in der
I.G.-Fabrik Auschwitz beendete.“ Löhner-Bedas Frau Helene hatte
unterdessen versucht, sich und ihre beiden Töchter zu retten, doch
vergeblich. Am 31. August 1942 wurden alle drei nach Minsk
deportiert und ermordet. (sr) |
|
|
Barbara Denscher, Helmut Peschina: Kein Land des Lächelns. Fritz
Löhner-Beda 1883–1942. Salzburg, Wien, Frankfurt / M. 2002.
|
|
|
|
|
|
|
|
|