56. TOPLITZSEE

GELDFÄLSCHER, GLÜCKSRITTER UND HOLLYWOOD
Im Februar 2008 hielt nicht nur Österreich den Atem an. Im Kodak Theatre in Hollywood bekam der Wiener Regisseur Stefan Ruzowitzky für „Die Fälscher“ den Oscar als bester nicht englischsprachiger Film. Karl Markovics spielt den Salomon Smolianoff (Salomon Sorowitsch), einen begnadeten Geldfälscher, dessen Team von KZ-Häftlingen für die Nazis britische Pfund herstellte – eine wahre Geschichte. Große Mengen wurden gegen Kriegsende im Toplitzsee bei Bad Aussee – nicht weit von Salzburg – versenkt.
Adolf Burger, der so wie Salomon Sorowitsch im KZ Sachsenhausen bei Berlin inhaftiert war, verfasste das Buch „Des Teufels Werkstatt“, auf dem das Drehbuch von Ruzowitzkys Film beruht. Die SS ließ ab 1942 unter dem Decknamen „Aktion Bernhard“ etwa 100 Millionen Pfund produzieren und teilweise in Umlauf bringen – auf internationalen Devisenmärkten und bei der Bezahlung von Spionen. Man wollte London eine Inflation aufzwingen, das Vertrauen britischer Bürger in ihre Währung erschüttern und die Blüten für eigene Gewinne wechseln.

Als sich Hitlers Führungskader gegen Kriegsende in die sogenannte „Alpenfestung“ zurückzogen, war das Salzkammergut östlich von Salzburg ein bevorzugtes Ziel. Das unzugängliche Tote Gebirge und das Dachsteingebiet boten beste Bedingungen, um sich vor den anrückenden Alliierten zu verstecken. SS-Offiziere bewohnten auch Höhlen, Unterstände und Almhütten, die bis 1945 von Widerstandskämpfern und Gegnern Hitlers benutzt worden waren. Einer von vielen idyllischen Bergseen ist der Toplitzsee; nicht weit vom größeren Grundlsee und Bad Aussee gelegen. Berliner SS-Führer hatten neben geraubten Kunstwerken auch tonnenweise Falschgeld und die von KZ-Häftlingen hergestellten Druckplatten im Gepäck, die sehr genau gearbeitet waren. Die SS versenkte das Material im Toplitzsee, um später wieder darauf zurückzugreifen.

Der Untergang des Regimes, die Verhaftungen von Kriegsverbrechern und die Flucht vieler Massenmörder nach Lateinamerika ließen das Falschgeld in Vergessenheit geraten. Bis in die 1980er- Jahre hielten sich Gerüchte, dass auch geraubtes Gold der Nazis im See liege. Immer wieder kamen Taucher, zuletzt im Jahr 2000 aus den USA. Sie fanden nur eine Kiste voller Bierdeckel, die Stammtischbrüder 1984 versenkt hatten. Der Rausch hatte 1959 begonnen, als Wolfgang Löhde vom Magazin „Stern“ mit einem Taucherteam aus 80 Metern Tiefe 17 Kisten mit gefälschten Pfundnoten und zwei Kisten mit Dokumenten ans Ufer geholt hatte. Der Regisseur Franz Antel verfilmte die Geschichte unter dem Titel „Der Schatz vom Toplitzsee – Schüsse im Morgengrauen“ (1959). Der Film floppte in den Kinos; nicht zuletzt deshalb, weil Altnazis in Österreich noch immer Stimmung gegen die Thematisierung solcher Inhalte machten.

Es gibt im Toplitzsee eine Tierart, die weltweit nur hier vorkommt – ab einer Tiefe von 20 Metern lebt der „Toplitzseewurm“, der den reichlich vorkommenden Schwefelwasserstoff nutzt, ein organisches Zerfallsprodukt, bestens bekannt von faulen Eiern. Eine vielschichtige Metapher … (gl)

LITERATURTIPPS:

Markus Köberl: Der Toplitzsee. Wo Geschichte und Sage zusammentreffen. Wien 1990.


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