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Hitlers „Rückzüge“ auf den Obersalzberg erforderten
den oftmaligen Umzug der Spitzen der Nazi-Regierung
in den kleinen Bergort an der Salzburger Grenze. Um die Regierungsgeschäfte weiterführen zu können, ließ
der „Führer“ in Bischofswiesen eine zweite „Reichskanzlei“
bauen. Das 35 Kilometer entfernte Ainring wurde
mit einem „Regierungsflughafen“ ausgestattet, auf dem
in den letzten Kriegsmonaten Raketen und Flugzeugtechniken
getestet wurden. |
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Neben der prunkvollen Reichskanzlei in Berlin ließ Hitler
1937 in dem Ort Stanggass bei Bischofswiesen eine zweite
Reichskanzlei bauen, um während seiner Aufenthalte auf dem
Obersalzberg die Regierungsgeschäfte weiterführen zu können. Bis
dahin war sein Stab in Pensionen und im Haus „Alexandra“ untergebracht,
wo die Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt waren. Ab
Juli 1937 war auch Bischofswiesen / Berchtesgaden eine Art Regierungsstadt.
Zahlreiche Nebengebäude umgaben die großzügige
Anlage. Eine 600 Meter lange Bunkeranlage führte bis zur Bahn
nach Berchtesgaden. Wenn Hitler auf dem Berghof war, arbeitete
Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel hier. Hier residierte auch das
Oberkommando der Wehrmacht. Nach dem Krieg übernahmen
die Amerikaner die Kanzlei und installierten hier das Armed Forces
Recreation Center. 1996 zog sich die US-Armee aus Berchtesgaden
zurück. Der Bauunternehmer Johann Hölzl richtete im Jahr 2001
Wohnungen und Praxen ein.
Als Drehscheibe für die Flugverbindungen von und nach Berlin
wählte Adolf Hitler persönlich nicht die bestehenden Flugplätze
Reichenhall-Mayerhof oder Salzburg-Maxglan, sondern – aus
der Luft – das Flugfeld Ainring aus. Der einstige repräsentative
Regierungsflughafen „Reichenhall-Berchtesgaden“ lag nur zwei
Kilometer von der Grenze zu Salzburg und drei Kilometer von
Schloss Kleßheim entfernt. Im August 1933 ordnete Hitler den
Bau des Flughafens an, ein gutes Jahr später wurden der alpenländisch
angehauchte Protzbau und der Flugbetrieb eröffnet. Zur
Anlage gehörten ein Leuchtturm auf dem Eschlberg und eine
Lautsprecheranlage, mit der Propagandasprüche über die Saalach
nach Österreich geschickt wurden. Die Anlage stellte mit 600.000
Quadratmeter den nahen Flugplatz Salzburg in den Schatten. Bald
zog eine Luftwaffen-Staffel ein. 1939, wenige Tage vor Beginn des
Zweiten Weltkriegs, flog Außenminister Ribbentrop von Ainring
nach Moskau zur Unterzeichnung des „Nichtangriffspaktes“.
Auf dem Flugplatz wurden auch Neuentwicklungen in der Luftfahrt
getestet. Im Juni 1940 zog die nach dem legendären Versuchsflieger
Ernst Udet benannte DFS („Deutsche Forschungsstelle für Segelflug“)
kriegsbedingt von Braunschweig in die Salzburger Grenzanrainergemeinde
und testete den antriebslosen Me280, den Höhenaufklärer
DFS228, den Prototyp der V-1 und diverse Raketenjäger. Ein Windkanal,
Triebwerkteststände und physikalische Laboratorien standen
zur Verfügung. Lastenabwürfe, Vereisungsforschungen, Hucke-pack-Verfahren, Personenabwurfbehälter, Stratosphärenflüge, revolutionäre
neue Verfahren für Autopiloten und Fernseh-Blindlandeverfahren
wurden erprobt. Im Mittelpunkt stand der Luftfahrtpionier
Eugen Sänger, der in Ainring das Lorin-Staustrahlrohr („Ramjet“)
weiterentwickelte, das er in verschiedene Bombertypen einbaute.
Die Entwicklung des „Silbervogels“, eines Orbitalbombers, musste
wegen des Krieges eingestellt werden. Die von Sänger entwickelte
Raketentechnik findet sich heute z. B. im „Space Shuttle“ wieder.
Die Fliegerin Hanna Reitsch testete einige der neuartigen Maschinen
in Ainring. Unglücksfälle blieben nicht aus: Der eben von Hitler noch
mit dem Ritterkreuz an Brillanten in Schloss Kleßheim ausgezeichnete
Generaloberst Hans Hube startete am 20. April 1944 nachts bei
schlechtem Wetter und zerschellte Sekunden später auf dem Högl
bei Rabling. Er war einer der wichtigsten Generäle Hitlers. Vielleicht
kostete ihm aber auch Sabotage – nach einer emotionalen Bemerkung
Hitler gegenüber, die Lage im Osten betreffend – das Leben.
Am 21. April 1945 landeten mit Ju-52-Transportflugzeugen die
Reste der Reichsregierung in Ainring, um die „Alpenfestung“ zu
verstärken. Anfang Mai flogen noch Teile des „Jagdgeschwaders
300“ Einsätze gegen die vorrückenden Amerikaner, die den Flughafen
am 5. Mai kampflos besetzten. Zwei Fa223-Großhubschrauber,
nun in der Hand der Amerikaner, nahmen ihren Flug über die
Kanalküste auf – das war damals Weltrekord im Langstreckenflug.
Die Maschinen wurden in die USA gebracht.
Die US Army wies in die Baracken des DFS jüdische „Displaced
Persons“ und ehemalige KZ-Insassen ein, die Ende Dezember 1947
die Lager verließen. Da der Flugplatz wegen des Einspruches der
Amerikaner nicht weiterbetrieben werden durfte, zog die Deutsche
Polizeischule in das Areal ein. Heute zeugen nur noch das Flugleitungsgebäude
„Führerhaus“, das einen eigenen Raum für den
„Führer“, ein Restaurant, ein Terrassencafé und ein Schwimmbecken
enthielt, das Wirtschaftsgebäude und das Peilerhäuschen von der
Existenz des einstigen „Adolf-Hitler-Airports“. (cs) |
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Gunther Exner: Hitlers zweite Reichskanzlei. Köln 1999. |
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Frederic Müller Romminger betreibt ein Museum im ehemaligen
Flughafen-Wirtschaftsgebäude. Gelegentliche Führungen nach Anmeldung
beim Portier des Fortbildungsinstitutes der Bayerischen Polizei in
Ainring. Ein Buch zur Geschichte des Ainringer Flugplatzes ist in Vorbereitung. |
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